Xiaomi und Äpfel in China

20.08.2014

Die meisten Unternehmensberichte werden von Analysten verfasst, die in London und New York hinter ihren Bildschirmen sitzen und kaum je die ihnen vertraute Welt verlassen haben.

Xiaomi und Apple in China

Xiaomi läuft Apple und Samsung in China den Rang ab (Foto: Fotolia)

Deshalb verwundert es kaum, dass Apple in diesen Kreisen als grandioses Investment betrachtet wird. Vielleicht auch deshalb, weil sie unweit von ihren Büros schon menschengefüllte Verkaufsstätten wie an der Fifth Avenue in New York oder über Bloomberg TV in der IFC Mail in Hongkong gesehen haben.

Möglicherweise wird auch noch Samsung empfohlen, doch bereits mit weniger Emotionen. In die detaillierten Verkaufszahlen lassen sich die Südkoreaner ohnehin nicht blicken.

Andere wiederum glauben gar nicht erst an den Erfolg des analytischen Denkens und investieren passiv in ein Anlageprodukt, das gleich die ganze Branche umfasst. Plötzlich hat man auch noch Aktien von Nokia, HTC, Lenovo und Blackberry im Depot.

Ein Marktleader im Stillen

Der große Mangel an diesem Vorgehen ist, dass man nur das Sichtbare analysiert. Die „Titanic“ wäre nicht untergegangen, hätte der Kapitän den ganzen Eisberg gesehen. Die Finanzmarktanalyse basiert auf Transparenz.

Aber was ist, wenn der Marktleader unsichtbar im Stillen wirkt? Vielleicht ist er gar nicht kotiert, verweist alle anderen auf die Ehrenplätze und macht sie zu Marktanteilsverlierern. Eines ist gewiss: Die Analysten merken dies immer zu spät.

Zahlreiche „Stars“ in der Unternehmenswelt sind derart solide finanziert, dass sie nicht auf den Kapitalmarkt angewiesen sind. Entsprechend verschwiegen sind sie. Es handelt sich oftmals um solide, über Generationen hinweg weitsichtig handelnde Familienunternehmen.

Finanzierung über Private Equity

Manch ein Investor wäre froh, könnte er sich an deren Entwicklung beteiligen. Aber sie werden in privaten Händen gehalten und dort umsichtig weiterentwickelt. Der Süsswaren-Dominator Mars (u.a. mit Milky Way, Snickers, Bounty, aber auch Uncle Ben’s Reis und dem Katzenfutter Whiskas), der Befestigungstechniker Hilti und der Schraubenkönig Würth zählen dazu. Sicher auch der Uhrenkonzern Rolex, der sich mit seiner Zweitmarke Tudor gegen Omega und andere Marken abzusichern versucht.

Manchmal haben auch solche Unternehmen Finanzierungsbedürfnisse. Dann wird das Wachstum vielfach über privates Beteiligungskapital (sogenanntes Private Equity) finanziert. Oder auch der Abzug von der Börse, um sich fern vom voyeuristischen Quartalblick auf das wirklich Zentrale, den Kundennutzen, mit letzter Konsequenz zu fokussieren. Mit Private Equity ist der Ketchup-Weltmarktführer Heinz vom Aktienuniversum verschwunden, um fernab des Börsenlärms noch viel größer und stärker zu werden.

Alibaba ist herangewachsen

Wer kein Private Equity in seinem Depot hat, der erleidet einen erheblichen Diversifikations- und Renditeverlust. Wer sich nur auf kotierte Aktien konzentriert, macht einen gigantischen Fehler. Als jüngstes Beispiel zeigt sich das in der Technologiebranche, wo mit viel Private Equity die heutigen Marktführer herausgefordert werden.

Alibaba ist im Schatten der Aktienbörsen zu einem Giganten mit Milliardengewinn herangewachsen. Nun, wo die ganz großen Kapitalgewinne bereits gemacht sind, darf nach dem baldigen Börsengang auch noch die breite Masse investieren.

Xiaomi ist Marktführer in China

Ein weiteres Beispiel ist Xiaomi. Noch nie gehört? Höchste Zeit, dass Sie sich damit auseinandersetzen, falls Sie nicht bald faule Äpfel in Ihrem Aktienkorb halten möchten.

Vor 50 Monaten (!) wurde das Unternehmen in China gegründet. Nun ist es bereits der Markführer bei den Smartphones im größten Absatzmarkt der Welt. Weder das iPhone noch das Galaxy können mithalten. Dabei ist das Gerät nicht nur preiswerter, sondern auch leistungsfähiger.

Samsung musste vor kurzem bereits eine Gewinnwarnung melden, derart massiv waren die Marktanteilsverluste an Xiaomi. Der Gründer Lei Jun will seinen unternehmerischen Drive nicht mit Gesprächen mit Finanzanalysten verzetteln. Viel lieber kümmert er sich um die Kunden von heute und morgen.

Xiaomi – Der wirkliche Hit

Die Expansion nach Indien und Brasilien steht nun an. Märkte, in denen Apple-Läden reine Luxuswelt verkörpern. Vielleicht wie das Halten von Apple-Aktien, denn in China lassen sich selbst Fälschungen vom iPhone nicht mehr absetzen.

Der wirkliche Hit heißt Xiaomi, aber das erfährt Ihr Anlageberater nur, wenn er mal seinen Bürosessel mit einer Reise nach Asien tauscht.

Von Maurice Pedergnana, Professor für Banking und Finance an der Hochschule Luzern – Wirtschaft und Studienleiter am Institut für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ)

Quelle: www.suedostschweiz.ch

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